Flugreisende, die Flüge mit ausländischen Fluggesellschaften buchen, dürfen an ihrem Abflugort klagen. Im vorliegenden Fall vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH, 26.03.2020) hatte eine Kundin auf eine Entschädigung durch die dänische Primera Air Scandinavia A/S geklagt. Allerdings gab es beim zuständigen Gericht in Prag Zweifel über den zulässigen Gerichtsstand und die Anwendbarkeit der europäischen Fluggastrechteverordnung.
Das Verfahren wurde zurück an das ursprüngliche Gericht verwiesen und die Klagemöglichkeit der Kundin bestätigt. Mit seiner Entscheidung stärkt der EuGH ein weiteres Mal die Rechte der Flugreisenden bei der Anwendung der EU-Fluggastrechteverordnung. Das sind gute Nachrichten, denn die komplexe Lage im europäischen Flugreiserecht führt immer wieder dazu, dass geschädigten Kunden ihr Entschädigungsanspruch nicht erfüllt wird. Ein Umstand, der eine ganze Branche zum Leben erweckt hat. Das Unternehmen Flightright.at unterstützt seine Kunden bereits seit 2010 mit Beratung und Hilfe bei der Geltendmachung ihrer Entschädigungsansprüche.
Hintergrund des Urteils
Der Entscheidung vorangegangen war die Klage einer Frau aus Tschechien, die über ein Reisebüro einen Flug nach Island gebucht hatte. Ihr Flug von Prag nach Keflavík hatte jedoch über vier Stunden Verspätung, woraufhin die Frau eine Entschädigung nach der EU-Fluggastrechteverordnung verlangte. Bei Entfernungen zwischen 1.500 und 3.500 km steht Kunden eine pauschale Entschädigung von 400 Euro zu.
Nachdem die Frau Klage vor dem Gericht im Abflugort Prag eingelegt hatte, gab es Zweifel an der Zuständigkeit. Da sich in Zivil- und Handelssachen der Klageort nach dem Sitz der beklagten Partei bestimmt, ein direktes Vertragsverhältnis aber nach dem Ort der Leistung, wandte sich das Prager Gericht an den EuGH in Luxemburg. Ob ein direkter Vertrag vorlag, war unklar, da die Frau in einem Reisebüro, nicht bei der Airline direkt gebucht hatte. Diese Frage wollten die Prager Richter daher vom EuGH beantwortet haben.
EuGH zum Zustandekommen des Vertrags
Der Ansicht des EuGH nach wird eine "Vertragssache" auch bereits durch das Handeln des Reisebüros begründet. Im Rahmen seiner Begründung konkretisierte der EuGH verschiedene Begrifflichkeiten. Für die "ausführenden Luftfahrtunternehmens" erklärten die Richter, dass sie sowohl für die Fluggesellschaften gilt, mit denen der Kunde den Vertrag schließt als auch, wenn der Flug bei einem Reisebüro gebucht wird. Deshalb wurde die Anwendung der EU-Fluggastverordnung auch für den vorliegenden Fall der Frau aus der Tschechei bestätigt.
Weiterhin stellte das Gericht fest, dass für die Anwendung der Verordnung kein ausdrücklicher Vertrag mit dem Fluggast vorliegen muss. Es genügt, wenn die Fluggesellschaft seine Verpflichtung freiwillig eingegangen ist. Dies sei bei der Übernahme von Reiseleistungen auch über den Abschluss im Reisebüro regelmäßig der Fall. Damit wurde auch einer grundsätzlichen Klagemöglichkeit durch die Klägerin zugestimmt. Maßgeblich für die Anwendung sei der Ort des Abflugs, in diesem Fall die tschechische Hauptstadt Prag.
Rechtspraxis bei Flugreisen
Das Urteil zeigt einmal mehr, dass es sich lohnen kann gegen zahlungsunwillige Airlines rechtlich vorzugehen. Eine große Zahl der Entscheidungen ist sehr verbraucherfreundlich und Grundsatzentscheidungen haben die Situation seit dem Bestehen der EU-Fluggastrechteverordnung weiter verbessert. Flugreisende, die bei ihrem Flug mit Problemen konfrontiert waren, sollten sich daher unbedingt über ihre Möglichkeiten zur Forderung und Durchsetzung von Entschädigungsleistungen erkundigen.